Kutschke: „Ich möchte ein Teil der Entwicklung des Clubs sein“

Auf einen Kaffee und ein Croissant mit Stefan Kutschke: fci.de hat sich mit dem Angreifer zum Interview getroffen.

Kutschke: „Ich möchte ein Teil der Entwicklung des Clubs sein“

06. August, 2017 10.00 Uhr

Beim Blick hinter die Schanz stellen wir die neuen Gesichter beim FC Ingolstadt 04 vor. Für die erste Ausgabe der neuen Saison haben wir uns mit Stefan Kutschke getroffen.  Der großgewachsene Angreifer (1.94 m) spricht bei fci.de ausführlich unter anderem über seinen Wechsel an die Donau, seinen langfristigen Vertrag beim FCI und was er in der Zeit nach der Karriere für Wege einschlagen möchte.

fci.de: Servus Stefan! Wen man dich googelt, liest man sofort wie heimatverbunden du bist. Wie sehr fehlt dir deine Geburtsstadt Dresden und wie wohl fühlst du dich schon in Ingolstadt?

Stefan Kutschke: Die Heimat und vor allem die Familie und die Freunde sind mir sehr wichtig. Sie haben mich in der Vergangenheit stark gemacht und waren immer für mich da, auch in schwierigen Phasen. Im Fußball geht´s ja nicht jederzeit nur bergauf. Der Kreis meiner Familie war dann immer die erste Anlaufstelle. Es ist von Ingolstadt nicht so weit in die Heimat, aber für mich war die Entscheidung genau richtig. Denn ich kann mich mit den Zielen, die der FCI verfolgt, voll identifizieren und möchte meinen Teil dazu beitragen, dass wir Erfolg haben.

fci.de: Du hast die beste Saison deiner bisherigen Karriere hinter dir und sicherlich einige Angebote. Was hat im Sommer den Ausschlag gegeben, zu den Schanzern zu wechseln?

Kutschke: Zunächst einmal die Gespräche mit Harald Gärtner (Geschäftsführer Sport & Kommunikation; d.Red.) und unserem Trainer Maik Walpurgis. Beide haben sich extrem um mich bemüht und das vor allem zeitnah nach dem Ende der vergangenen Saison. Es wäre auch möglich gewesen, zum Beispiel nach England zu gehen. Aber die meiste Überzeugung hatte ich von Beginn an von Ingolstadt. Ich finde hier alles vor, was ich mir gewünscht habe. Dieses Vertrauen, das in mich gesteckt wird, gibt einem die nötige Sicherheit. Außerdem hat man mir hier eine Perspektive aufgezeigt, davon möchte ich ein Teil sein!

fci.de: Welchen Eindruck hast du nach der Vorbereitung von der Mannschaft? Bist du gut aufgenommen worden und was traust du dem Team in dieser Saison zu?

Kutschke: Ich bin super aufgenommen worden. Direkt am ersten oder zweiten Tag meiner Vorstellung habe ich private Nachrichten von Marvin Matip und Almog Cohen bekommen, die sofort ihre Hilfe bei Fragen angeboten haben. Außerdem haben sich mich sofort in die WhatsApp-Gruppe des Teams aufgenommen. Das halte ich nicht für alltäglich und war auch so in der Form neu für mich. Die Zeit mit dem Team in Schweden und im Trainingslager waren sehr intensiv und wir konnten uns alle super kennenlernen. Man hatte sofort den Eindruck, fester Bestandteil der Mannschaft zu sein. Die Qualität des Teams ist klasse. Auch Außenstehende schätzen die Qualität unserer Mannschaft hoch ein und trauen uns viel zu. Wir haben kein Vorbereitungsspiel gegen zum Teil richtig gute Gegner verloren. Also unter dem Strich haben wir einen breiten, gut besetzten Kader und eine Menge Potential. Trotzdem ist es noch zu früh, über Ziele zu sprechen. Wir wollen gut in die Saison starten und sind uns auch intern einig, dass wir erst ein paar Spiele bestreiten wollen und dann schauen, wo die Reise hingeht.

fci.de: Beim ersten Training herrschte großer Fan-Andrang und auch bei der Saisoneröffnung war eine Menge los und die Autogrammstunde ging sehr lange. Welchen Eindruck hast du von den Anhängern des FCI und wie wichtig ist euch die Unterstützung von den Rängen?

Kutschke: Nach dem Abstieg ist es sicherlich nicht selbstverständlich solch einen tollen Zuspruch der Fans zu bekommen. Das ist schon außergewöhnlich. Die Anhänger haben unser Saisonmotto „Jeder1Teil“ super verinnerlicht. Ich erinnere mich auch an das Plakat nach dem letzten Spiel, als der Club dazu aufgerufen hatte zum „1bleiben“ – auch das wurde super aufgenommen. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen in und um Ingolstadt optimistisch auf die neue Saison schauen und sie hinter der Mannschaft stehen. Es war toll zu sehen, wie viel bei der Saisoneröffnung los war und wir haben auch gerne länger Autogramme geschrieben, weil wir wissen, was eine Unterschrift oder ein gemeinsames Foto den Fans bedeuten. Da wollen wir auch etwas zurückgeben. Denn der Support von der Tribüne ist sehr wichtig für uns. In schwierigen Phasen geben die Fans uns Rückhalt und treiben uns in engen Phasen nach vorne. Wen wir – Verein und Fans – zusammenhalten, können wir viel erreichen!

fci.de: Wenn man dich im Training und in den Spielen beobachtet merkt man schnell, dass du auch verbal Verantwortung übernehmen willst. Du hast schon in der ersten Trainingseinheit viel mit deinen Mitspielern gesprochen. Ist das deine Art auf dem Platz zu agieren?

Kutschke: Mein Anspruch war schon immer, Verantwortung zu übernehmen. Mittlerweile bin ich mit 28 Jahren soweit, voranzugehen. Durch meine letzten Stationen habe ich viel Erfahrung sammeln können und einige prägende Erinnerungen in dieser Hinsicht. In Wolfsburg zum Beispiel habe ich mit Marcel Schäfer einen Mitspieler kennengelernt, dessen Umgang mit jungen Spielern mir immer sehr imponiert hat. Dabei geht es beispielsweise darum, junge Spieler mit ins zu Boot zu holen, Mitspieler, die gerade eine schwierige Phase durchleben, wieder aufzubauen. Ich hätte mir es damals mit 18 oder 19 Jahren gewünscht, dass ältere Spieler mit mir sprechen. Aber das war eine andere Zeit, da wurde nur mit jüngeren Spielern gesprochen, wenn es darum ging, die Schuhe zu putzen oder die Bälle zu schleppen (lacht).


Hat sich in Ingolstadt bereits eingelebt: Stefan Kutschke im Klenzepark.

fci.de: Bemerkenswert ist, dass du als Neuzugang gleich in den Mannschaftsrat, der von der Mannschaft gewählt wird, berufen wurdest. Wie bewertest du das?

Kutschke: Es freut mich, dass mein Standing in der Mannschaft scheinbar ganz gut ist, vor allem aufgrund der kurzen Zeit. Vielleicht sagt den Jungs meine Art und die Tatsache, dass ich mich für das Team einsetze, zu. Ich freue mich natürlich sehr darüber, dass die Mannschaft mich in den Rat gewählt haben. Wir werden die Interessen der Jungs zusammen so gut wie möglich vertreten.

fci.de: Du hast in Ingolstadt einen langfristigen Vertrag unterschrieben. Davor warst du in deiner Karriere schon bei ein paar Stationen aktiv. Ist das ein Zeichen dafür, dass Stefan Kutschke endlich längerfristig ankommen möchte?

Kutschke: Natürlich verändert man sich über die Jahre hinweg und die Prioritäten verschieben sich. Diesen Weg, der mir hier aufgezeigt wurde, möchte ich langfristig mitverfolgen. Wenn man die Erfolgsgeschichte der Schanzer verfolgt hat, weiß man, dass hier noch viel Positives passieren kann. Auch die Spieler, die beim FCI waren, haben sich gut weiterentwickelt. Das möchte ich auch tun und etwas bei den Schanzern mit aufbauen.

fci.de: Was hat deine Familie zu dem Wechsel nach Oberbayern gesagt? Hat dich deine Freundin von der Elbe an die Donau begleitet?

Kutschke: Meine Freundin wird mich auf jeden Fall begleiten. Das ist mir auch enorm wichtig, sie als meinen Rückhalt – auch außerhalb des Fußballs – an meiner Seite zu wissen. Sie ist seit ihrer Kindheit begeisterte Springreiterin und hat sich in der letzten Woche schon darum gekümmert, ihre beiden Pferde bei einem Reitstall in der Region unterzubekommen. Meine Familie war natürlich auf der einen Seite traurig, dass ich nicht mehr in Dresden lebe, auf der anderen Seite haben sie sich sehr für mich gefreut und stehen voll hinter meiner Entscheidung. Denn sie wissen auch, was mir der Wechsel bedeutet. Sie haben sich die Region schon angeschaut und gesehen, dass sie Ausflüge in die Berge gut mit einem Besuch bei mir verbinden können (lacht).

Stefan Kutschke will beim FCI Verantwortung übernehmen.Stefan Kutschke will beim FCI Verantwortung übernehmen.

fci.de: Habt ihr schon Hotspots in eurer neuen Heimat für euch entdeckt?

Kutschke: Bis jetzt noch nicht, dafür war noch zu wenig Zeit. Wir waren schon in ein paar Restaurants, die mir sehr gut gefallen haben. Meine Freundin und ich waren neulich kurz auf dem Bürgerfest und in einem bayerischen Restaurant, das war sehr lecker.

fci.de: Was machst du gerne in deiner Freizeit? Wofür interessierst du dich neben dem Fußball?

Kutschke: Das Golfspielen habe ich als meine Leidenschaft entdeckt. Einige Spieler und Jungs aus dem Funktionsteam spielen auch Golf. Da haben wir schon die ein oder andere Partie gespielt. An freien Tagen gehe ich gerne hin und wieder auf den Platz. Das ist eine super Abwechslung für mich, bei der ich das Telefon ausschalte und mich voll auf das Spielen konzentriere. Wille und Ehrgeiz spielen da eine große Rolle und es stellt einen super Ausgleich zum Training dar.

fci.de: Im Trainingslager warst du auch mit ein paar Mannschaftskameraden beim Golfen. Was fasziniert dich konkret an der Sportart?

Kutschke: Es ist vor allem die Tatsache, dass man selbst sein größter Gegner ist. Bei dieser Einzelsportart gibt es keine Ausreden beziehungsweise man kann eine schlechte Leistung nicht auf den Schiedsrichter oder den Mitspieler schieben (lacht). Man reflektiert sein Spiel ganz anders, weil man nur von seiner eigenen Leistung abhängig ist.

fci.de:  Wenn du nicht Fußballprofi geworden wärst, was wäre aus dir geworden?

Kutschke: Ich habe eine Berufsausbildung im öffentlichen Dienst abgeschlossen. Es war vor allem meinen Eltern sehr wichtig, bevor ich Profi geworden bin, etwas „Ordentliches“ zu lernen. Denn es kann aufgrund äußerer Faktoren auch schnell wieder vorbei sein mit der Karriere. Auch wenn ich damals in jungen Jahren eine andere Einstellung dazu hatte, bin ich heute dankbar, dass ich auf meine Eltern gehört habe. Ich würde wahrscheinlich heute bei der Stadt arbeiten.

fci.de: Hast du dir tatsächlich schon Gedanken um deine Zukunft nach der Karriere gemacht?

Kutschke: Ich habe darüber nachgedacht, ob ich ein Studium in die Richtung „Krankenversicherung für Sportler“ aufnehme. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei diesem Thema viel Unwissenheit herrscht. Ich bin der Meinung, dass Leistungssportler gut abgesichert sein sollten. Wenn man sich dann verletzt, nicht versichert ist, kann man von heute auf morgen alles verlieren. Hier Aufklärungsarbeit zu betreiben, vielleicht in Kooperation mit einem Verein, würde mich schon interessieren. 

fci.de: Welche Tipps hast für junge Nachwuchstalente, die auch Profi werden wollen?

Kutschke: Ich weiß wie schwer es ist, als Jugendlicher zu vielen Sachen „Nein“ zu sagen. Aber ein wesentlicher Punkt ist der Verzicht. Du kannst am Wochenende nicht mit deinen Kumpels in den Club gehen, wenn du am nächsten Tag ein Spiel hast. Auch wenn du viel Zeit für Training opferst, dürfen trotzdem deine Schulleistungen nicht darunter leiden. Talent ist nicht ausschlaggebend, da gehört mehr dazu. Es gehört unbedingter Wille dazu und auch Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wenn man einen Traum hat, sollte man diesen auch leben. Du solltest jeden Abend in den Spiegel schauen und sagen können, dass du alles für deinen Traum gegeben hast.

fci.de: Vielen Dank für das ausführliche Interview!